Wie funktioniert Vesting?

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DE Unternehmensrecht - Crashkurs Bürokratie

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Einstieg

„Vesting“ heißt: Die Anteile an einem Unternehmen werden nicht sofort, sondern über einen bestimmten Zeitraum verdient. Wer bleibt und mitarbeitet, bekommt Schritt für Schritt seine Anteile. Wer früh aussteigt, geht fast leer aus.

Wir erklären Dir in diesem Mini, wie genau Vesting funktioniert, für wen es eine Rolle spielt und werfen einen Blick auf die wichtigsten Vesting-Klauseln und Sonderregelungen aus dem YFN-Muster-Gesellschaftsvertrag.

Wie funktioniert Vesting konkret?

Am Anfang wird ein Vesting-Plan festgelegt. Der regelt, wann und wie viele Anteile am Unternehmen übertragen werden.

Dann gibt es noch die Vesting-Periode. Das ist der Zeitraum, in demgevestedwird – meistens mehrere Jahre.

„Gevested“ heißt „verdient und rechtlich übertragen/gesichert“

In dieser Zeit „verdient“ sich die berechtigte Person Stück für Stück ihre Anteile. Zum Beispiel durch Mitarbeit oder das Erreichen bestimmter Meilensteine.
Verlässt die Person das Unternehmen vor Ablauf der Vesting-Periode, verliert sie in der Regel die noch nicht „gevesteten“ Anteile ganz oder teilweise.

Nach Ablauf der Vesting-Periode
oder Erfüllung der Bedingungen gehört der Vermögenswert vollständig der berechtigten Person.

Ein Beispiel: Gründest du mit einer anderen Person, kann man vereinbaren, dass jeder 10 % der Anteile pro Jahr bekommt. Wenn jemand nach dem ersten Jahr geht, oder “gegangen wird”, dann geht er mit nur 10 %, und die restlichen Anteile kriegst Du zurück, um das Unternehmen weiterzuführen.

Hier geht es nur um Vesting mit „echten GmbH-Geschäftsanteilen“ Auf virtuelle Anteile und Optionen gehen wir in einem anderen Mini ein.

Für wen ist Vesting relevant?

Vesting-Klauseln sind im Gesellschaftsvertrag für Start-ups üblich, weil das Gründerteam dadurch langfristig erhalten bleibt. Oft werden die Anteile wie ein „Ersatz fürs Gehalt“ genutzt – dann je länger ein Gründer bleibt, desto mehr Anteile „verdient“ er.

Ohne Vesting könnte jemand früh aussteigen und trotzdem große Anteile behalten – das wäre ziemlich unpraktisch. Dann würde jemand, der gar nicht mehr zum Erfolg beiträgt, weiterhin von zukünftigen Gewinnen profitieren. Außerdem fehlen diese Anteile dann später, um neue, treue Teammitglieder oder neue Gründer aufzunehmen.

Milan von dem Bussche, Gründer

Durch Vesting-Klauseln gehen nicht verdiente – bzw. „ungevestete“ – Anteile bei einem vorzeitigen Ausstieg zurück an das Unternehmen und können neu vergeben werden. Dadurch bleibt das Start-up flexibel und geschützt.

Typische Vesting Bedingungen

Der Cliff

Der Cliff ist eine zusätzliche Schutzregel beim Vesting, die man optional dazu nehmen kann. Er sorgt dafür, dass in der Anfangszeit NIEMAND Anteile bekommt.

Erst wenn diese Zeit vorbei ist, wird ein größerer Teil auf einmal „gevestet“.

Danach werden die Anteile oft monatlich oder quartalsweise „freigeschaltet“ –  also nennt man regelmäßiges Vesting.

Ein Beispiel: Typisch sind zum Beispiel vier Jahre Vesting mit einem sogenannten „Cliff“ nach einem Jahr: Verlässt jemand im ersten Jahr das Unternehmen, kriegt er nichts...

Das nennt man Zeitbasiertes-Vesting. Eine Alternative wäre ein Meilensteinbasiertes-Vesting, z.B. wenn ein Umsatzziel erreicht ist, dann… Sowas kann aber schwierig werden, weil die Entwicklung der Start-ups sehr unvorhersehbar ist.

Good Leaver vs. Bad Leaver

Du kannst auch streng regeln, was mit den Anteilen passiert, wenn ein Gründer vorzeitig aussteigt.

Je nach Grund fürs Aussteigen unterscheidet man zwischen „Good Leaver“ und „Bad Leaver“.

Wer aus nachvollziehbaren Gründen geht – z.B. wegen Krankheit, familiären Umständen oder Ruhestand – gilt als Good Leaver.

Auch wenn jemand dann zum Beispiel nach zwei Jahren merkt, dass ein fester Job besser passt und das frühzeitig und sauber kommuniziert, gilt das als Good Leaver.

Good Leaver dürfen die bis dahin „gevesteten“ Anteile in der Regel behalten.

Auch der Tod gilt in der Regel als „Good Leaver“-Grund. Das ist dann wenigstens ein „Trost“ für die Erben.

Wer das Unternehmen ohne triftigen Grund verlässt, im Streit geht, durch eigenes Fehlverhalten herausgeworfen wird – oder wegen eines besseren Angebots direkt abspringt – ist ein „Bad Leaver.

In solchen Fällen verliert man oft alle oder fast alle „gevesteten“ Anteile. Man kann den Vertrag auch so gestalten, dass in so einem Fall auch noch härtere Regeln gelten. Das ist sozusagen die Strafe dafür, dass man grundlos geht.

Das Ziel ist es also, den Gesellschaftsvertrag so zu schreiben, dass Good Leaver ihre Anteile behalten dürfen, während Bad Leaver leer ausgehen

VESTING IM GESELLSCHAFTSVERTRAG

Schauen wir uns jetzt an, wie Vesting im YFN Muster Gesellschaftsvertrag geregelt ist.

Alle Regelungen aus Paragraf 16 werden jetzt erklärt, wenn Du parallel den Vertrag lesen willst, haben wir Dir die passenden Snippets als Bilder zu den Absätzen gemacht. Du kannst aber auch den gesamten Vertrag hier als PDF downloaden.

Wer ist überhaupt vom Vesting betroffen?

Im Vertrag steht genau, welcher Gründer wie viele Vesting-Anteile hat und ab wann der Vestingzeitraum beginnt – Bei uns zum Beispiel ab dem 1.1.2025 und für 4 Jahre. Außerdem wird hier schon im Vertrag erklärt, dass die Anteile bestimmten Bedingungen unterliegen. Falls einer der Gründer vorzeitig geht, können die Anteile von der Gesellschaft oder den anderen Gesellschaftern übernommen werden, und zwar anteilig zu deren Beteiligung.

Wie funktioniert Vesting im Idealfall?

Vor dem Vestingzeitraum gelten alle Vesting-Anteile als „ungevestet“, also noch nicht verdient.

Bei dem Start des Vestingzeitraums (1.1.2025) werden jeweils 1.000 Anteile, also 4 % pro Gründer sofort gevestet – oder alle, wenn der Gründer weniger als 4 % ungevestete Anteile hat. 

Das wird häufig gemacht, weil in der Regel ja schon eine ganze Menge an Arbeit in das Unternehmen fließt, bevor man überhaupt zum Notar geht. Man könnte da aber auch weglassen, oder individuell machen.

Für jeden vollen Monat werden 125 weitere Anteil gevestet, also 0,5 %. Und nach 48 Monaten, also 4 Jahren, werden alle übrigen Anteile auf einen Schlag gevestet. Die Idee dahinter: wenn die Gründer 4 Jahre durchgezogen haben, dann sollte das Unternehmen nicht mehr auf Anteile als Gehalt angewiesen sein und es angemessen sein, dass die Gründer über alle ihre Anteile frei verfügen.

All diese Zeiträume, kann man natürlich anpassen, wie man will, z.B. alles auf 2 Jahre auslegen, wenn man einen schnellen Verkauf des Unternehmens aus ist. Das war jetzt der Idealfall. Aber was passiert, wenn ein Gründer geht, oder gegangen wird?

Man nennt das dann „Leaver Event“  – dann greifen die Vestingregelung.

Ein Beispiel: Person A hat insgesamt 40 %, also 10.000 der 25.0000 Anteile a 1 €. Das Leaver-Event findet statt, nachdem insgesamt 2500 Anteile gevestet sind, also 1 Jahr nach der Gründung. Die 2500 gevesten Anteile behält Person A, die restlichen 7500, muss er anteilig an die anderen Gesellschafter zum Nominalwert verkaufen. Alle gehen zum Notar, und die anderen Gesellschafter kaufen die jeweils ihren Teil der 7500 Anteile zu je 1 € ab.

Was ist ein Leaver-Event?

Ein Leaver Event ist ein Ereignis, bei dem ein Gründer das Unternehmen verlässt – freiwillig oder unfreiwillig. Die verschiedenen Szenarien werden im Vertrag definiert.

Sobald das passiert, stoppt das Vesting der Person.

Was passiert mit den Anteilen, wenn jemand geht?

Der Gesellschafter, der geht, muss dann alle nicht gevesteten Anteile an das Unternehmen oder die Gesellschafter verkaufen – und zwar zum Nominalwert, also für 1 Euro pro Anteil.

1 €, wenn die GmbH aus 25.000 Anteilen a 1 € besteht

Ein Beispiel: Person A hat insgesamt 40 %, also 10.000  der 25.0000 Anteile a 1 €. Das Leaver-Event findet statt, nachdem insgesamt 2500 Anteile gevestet sind, also 1 Jahr nach der Gründung. Die 2500 gevesten Anteile behält Person A, die restlichen 7500, muss er anteilig an die andern Gesellschafter zum Nominalwert verkaufen.  Alle gehen zum Notar, und die anderen Gesellschafter kaufen die jeweils ihren Teil der 7500 Anteile zu je 1 € ab.

Fazit

Also: Gründer verdienen stückweise ihre Anteile und wer früh aussteigt, geht leer aus – und das will natürlich niemand. So bleibt das Team motiviert, das Unternehmen ist besser abgesichert, und das Gründerteam hält zusammen– das wirkt auch für Investoren besser - viele Investoren bestehen sogar auf so einen Vertrag.

Schlusswort

Jetzt weißt Du, wie Vesting funktioniert und welche Regelungen dazugehören.

Wir danken der Bertelsmann Stiftung für das Sponsoring dieser Staffel.

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