Wichtige freiwillige Bestimmungen bei Gesellschaftsverträgen

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DE Unternehmensrecht - Crashkurs Bürokratie

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Einstieg

Nachdem wir im ersten Teil geklärt haben, welche Mindestanforderungen für Gesellschaftsverträge gelten, geben wir Dir im zweiten Teil einen Überblick über die wichtigsten freiwilligen Bestimmungen. Wir gehen im Schnelldurchlauf die Punkte aus dem YFN Mustervertrag durch, die Du beim Gesellschaftsvertrag kennen solltest - jeweils mit ein paar Gedanken dahinter. 

Mit den richtigen Regelungen kannst Du Dir später eine Menge Stress ersparen und Dich vor unnötigen Risiken schützen.

Online finden sich auch viele Musterverträge, von denen man sich theoretisch ✨inspirieren✨ lassen kann. Aber Achtung - Ein einzelner Halbsatz kann schwerwiegende Folgen haben. Deshalb solltest Du nicht einfach abschreiben.

Wir gehen jetzt anhand des YFN Mustervertrags die freiwilligen Bestimmungen durch, jeweils mit ein paar Gedanken dahinter.

Allgemeine Regelungen

Dauer

- Befristet oder Unbestimmt

Soll die Gesellschaft auf eine bestimmte Zeit befristet sein oder einfach unbefristet laufen? – Meistens wird unbefristet gewählt, aber bei speziellen Projekten kann eine Befristung sinnvoll sein.

Geschäftsjahr

- Standard oder abweichend?

Das Geschäftsjahr ist standardmäßig das Kalenderjahr, aber ihr könnt auch ein abweichendes Geschäftsjahr vereinbaren, zum Beispiel von Juli bis Juni, wenn das für Eure Branche oder Investoren besser passt.

Geschäftsführer

- Einen oder mehrere?

Ihr könnt entscheiden, ob ein einzelner Geschäftsführer reicht oder mehrere eingesetzt werden sollen. Das hängt davon ab, wie ihr die Aufgaben und Verantwortungen aufteilen wollt.

Es kann dann auch geregelt werden, ob jeder Geschäftsführer die Gesellschaft einzeln vertreten darf (Einzelvertretungsbefugnis) oder ob sie nur gemeinsam handeln dürfen – Einzelvertretung macht vieles flexibler, birgt aber auch mehr Risiko.

Dann könnt Ihr Eure Geschäftsführer von dem sogenannten Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreien, damit sie auch Geschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abschließen dürfen, ohne dass das später Probleme macht.

Das heißt, wenn ich Geschäftsführer bin, darf ich dem Unternehmen privat ein Kredit geben, obwohl ich dann ja quasi mit mir selber einen Vertrag unterschreibe.

Milan von dem Bussche, Gründer

Gesellschafter-versammlung

Fristen

- Normale & dringliche Fristen

Für die Einberufung einer Gesellschafterversammlung schreibt das Gesetz mindestens eine Woche Frist vor, aber ihr könnt im Vertrag auch längere oder kürzere Fristen festlegen – bei dringenden Fällen kann eine kürzere Frist sinnvoll sein.

Einladungsform

Die Einladung zur Gesellschafterversammlung muss laut Gesetz per eingeschriebenem Brief herausgegeben werden, aber ihr könnt im Vertrag auch E-Mail als zulässige Form vereinbaren, was den Prozess deutlich beschleunigt.

Beschlussfähigkeit

Ihr könnt festlegen, ab welchem Prozentsatz der Anteile die Gesellschafterversammlung beschlussfähig ist – üblich ist zum Beispiel, dass mehr als 50 % des Stammkapitals vertreten sein müssen, aber das kann individuell geregelt werden.

Versammlungsart

Es ist möglich, im Vertrag zu erlauben, dass Versammlungen auch per Telefon- oder Videokonferenz stattfinden oder dass Beschlüsse im Umlaufverfahren (also schriftlich oder per E-Mail) gefasst werden dürfen – das macht Euch im Alltag deutlich flexibler.

Es klingt vielleicht banal, all diese Sachen so kleinlich zu regeln, aber das kann alles wichtig sein. Wenn das nicht ausdrücklich geregelt ist, kann ein Gesellschafter z.B. alle Entscheidungen lahmlegen, indem er auf Standard Fristen besteht… Das kann gerade bei Startups richtig nervig werden.

Milan von dem Bussche, Gründer

Vertretung

Ihr könnt auch festlegen, dass sich Gesellschafter in der Versammlung vertreten lassen dürfen, zum Beispiel durch einen anderen Gesellschafter oder einen externen Bevollmächtigten.

Anfechtung

Für Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gilt normalerweise eine Frist von einem Monat. Im Gesellschaftsvertrag kann diese Frist verlängert werden, aber nicht verkürzt – das heißt, weniger als einen Monat ist nicht erlaubt. Nach Ablauf der Frist sind die Beschlüsse in der Regel nicht mehr angreifbar.

Verfügung über Anteile

Üblich ist es, die Zustimmung aller Gesellschafter einzufordern, wenn ein Gesellschafter seine Anteile verpfänden, belasten oder übertragen will.

Das verhindert z.B., dass die Anteile von einem Gesellschafter an eine Bank gehen, wenn er sich überschuldet und sein Besitz gepfändet wird.

Erforderliche Mehrheiten

In der Regel legt man für alle Entscheidungen eine 50 % Mehrheit fest. Per Gesetz müssen wichtige Entscheidungen, aber mit einer 75 % Mehrheit getroffen werden. Man kann aber freiwillig auch für weitere Entscheidungen eine 75 % Mehrheit erfordern, wenn man z.B. verhindern möchte, dass Investoren mit einer knappen Mehrheit etwas Grundsätzliches ändern.

Einziehung von Anteilen

[§],  [§]

Freiwillig, kann jeder immer seine Anteile abgeben - In unserem Mustervertrag haben wir dafür aber bewusst Bedingungen aufgestellt, bei denen die Anteile einer Person zwangseingezogen werden können.

Zum Beispiel bei der Verletzung von Gesellschafterpflichten (z.B. Geheimhaltung, Wettbewerbsverbot), der Verletzung der Schuldpflichten, z.B. Zahlungsverzug bei Einlagen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei einem Gesellschafter, oder anderen Gründen die einen Gesellschafter untragbar machen, z.B. Betrug oder Rufschädigung.

Ist eine, oder mehrere dieser Bedingungen erfüllt, kann man die Person zwingen, ihre Anteile zu verkaufen.

Die Frage ist nur zu welchem Preis… Das ist die Einziehugsvergütung:

Einziehungsvergütung

In dem YFN-Mustervertrag haben wir das so ausgelegt, dass es möglichst zu Gunsten des Unternehmens und den verbliebenen Gesellschaftern ist, und besonders hart für den, der geht, oder der gehen muss. 

Es gilt der niedrigere Wert aus:

  • Verkehrswert, also dem Marktpreis der Anteile

  • Oder dem „anteiligem Buchwert zum Stichtag der letzten steuerlichen Bilanz“

Meistens ist der Buchwert deutlich niedriger als der Marktpreis, denn der Buchwert bezieht so etwas wie den „Wert der eigenen Marke“ oder die „Stillen Reserven“ nicht ein. Der Halbsatz „zur letzten steuerlichen Bilanz“ ist hier extrem wichtig, weil man dann nicht extra eine neue Bilanz schreiben muss, wenn die Person herausgeworfen wird.

Wenn die gekickte Person, den ermittelten Buchwert oder Marktpreis nicht akzeptiert, muss sie einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer bezahlen, der den Wert neu ermittelt. Außerdem wird festgelegt, dass die Person, die ausscheidet, ihre Einziehungsvergütung erst 6 Monate nach dem Ausscheiden bekommt, in 3 Raten über 6 Monate ausgezahlt bekommt. 

Diese Regelungen sind ganz schön hart für die Person, die rausgeschmissen wird, aber sie sind sinnvoll, um das Unternehmen vor "schlechten" Gesellschaftern zu schützen.

Aber Achtung: Besonders bei streng formulierten Regelungen kann im Streitfall ein Gericht entscheiden, dass die Klauseln unangemessen sind.

Milan von dem Bussche, Gründer

Vorerwerbsrecht

Es ist zudem üblich, ein Vortriebsrecht festzulegen. Wenn ein Gesellschafter seine Anteile verkaufen will, müssen die anderen Gesellschafter zuerst ein Kaufangebot erhalten – typischerweise mit 30 Tagen Frist.
Beispiel: Person A will seine Anteile für 1000 € an einen Investor verkaufen. Die anderen Gesellschafter haben in diesem Fall 30 Tage Zeit, um selber die 1000 € aufzutreiben und die Anteile selbst zu kaufen.

Tod eines Gesellschafters

Wichtig ist hier, dass das Stimmrecht bis zur Erbregelung ruht - dadurch wird verhindert, dass Entscheidungen nicht getroffen werden können, weil unklar ist, wer die Anteile erbt. Die Erben behalten aber ein unentziehbares Teilnahmerecht an Gesellschafterversammlungen.

Jahresabschluss

Unter dem Punkt Jahresabschluss wird festgelegt, ob ihr den Abschluss jährlich oder quartalsweise erledigt und wer ihn macht und prüft. Zum Beispiel kann man eine externe Prüfung verpflichtend machen. Sowas ist sinnvoll, wenn man der Geschäftsführung nicht so ganz vertraut.

Man kann zusätzlich regeln, ob der Jahresabschluss öffentlich einsehbar sein soll, wenn man viel Wert auf Transparenz legt.

Wettbewerbsverbot

Ein weiterer heikler Punkt ist das Wettbewerbsverbot beziehungsweise die Dauer des Wettbewerbsverbots. Das heißt, wenn jemand die Firma verlässt oder herausgeworfen wird, darf er mehrere Jahre nicht in einem Konkurrenzunternehmen arbeiten. Üblich sind 1 oder 2 Jahre.

Aber Achtung: Zu lange Verbote können vor Gericht gekippt werden!

Alles, was Du über Wettbewerbsverbote wissen musst, und ab wann sie vor Gericht gekippt werden können, erklären wir in einem extra Mini.

Schlussbestimmungen

In den Schlussbestimmungen werden dann häufig noch die folgenden Punkte festgelegt:

Gerichtsstand

Man kann festlegen, wo Streitfälle verhandelt werden (z.B. Amtsgericht Berlin).

Salvatorische Klause

Legt fest, dass „Wenn eine Regelung ungültig ist, bleibt der Rest des Vertrags trotzdem gültig“.

Gründungskosten

Regelt klar, wer welche Kosten trägt. Diese trägt in der Regel das Unternehmen und keine einzelnen Gesellschafter. Bei Gründungskosten lohnt sich dennoch eine Obergrenze – z.B. „Maximal 5.000 € werden von der Gesellschaft übernommen“.

Vesting

Eine weitere freiwillige Bestimmung ist eine Vesting-Klausel. Die ist bei Start-ups eigentlich Standard – und das aus gutem Grund: Sie sorgt dafür, dass sich alle Gründer und wichtige Teammitglieder ihre Anteile erst nach und nach wirklich „verdienen“.

Das heißt: Du bekommst nicht einfach sofort Deine kompletten 25 %, sondern zum Beispiel jedes halbe Jahr werden 3 % Deiner Anteile „unverfallbar“ – solange Du aktiv mitarbeitest. Die restlichen Anteile können Dir, wenn Du vorher gehst, von den anderen Gesellschaftern für einen symbolischen Betrag oder zum Buchwert abgenommen werden.

Typisch ist ein Vesting-Plan über vier Jahre mit einem sogenannten „Cliff“: Nach dem ersten Jahr bekommst Du zum Beispiel 25 % Deiner Anteile auf einen Schlag, danach wird monatlich oder quartalsweise weiter aufgestockt, bis Du nach vier Jahren alles „gevestet“ hast.
Das schützt das Start-up davor, dass jemand früh aussteigt und trotzdem einen großen Anteil mitnimmt – und sorgt dafür, dass alle langfristig motiviert bleiben.

Im YFN-Mustervertrag ist Vesting natürlich auch drin. Falls Du noch mehr Details willst, haben wir dazu aber auch noch ein weiteres Mini gemacht!

Fazit

Das waren jetzt einige freiwillige Bestimmungen für Deinen Gesellschaftsvertrag.

Damit kannst Du Dein Unternehmen individuell gestalten und optimal an Deine – oder Eure – Bedürfnisse anpassen. Nutze diese Regelungen, um Klarheit und Fairness von Anfang an zu sichern!

Schlusswort

Das war einmal alles, was Du zum Mindestinhalt vom Gesellschaftsvertrag wissen musst.

Wir danken der Bertelsmann Stiftung für das Sponsoring dieser Staffel.

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